Der katholische Glaube ist mein Lebensberuf

Der neue Mensch in Zagreb

 

Nach der Beendung der Studien in Paris kommt Hans nach Zagreb im Herbst 1922. Sofort wird er als Professor der französischen und deutschen Sprache am erzbischöflichen Gymnasium in Zagreb angestellt. Hier tut er seinen Dienst bis zu seinem Lebensende. Im folgenden Jahr doktorierte er an der Philosophischen Fakultät der Zagreber Universität.

            Es gab viele unsere Leute, die nach beendetem Studium in ihre Heimat zurückkehrten und deren Ankunft nicht besonders bemerkt wurde. Bei Merz war es anders. Am besten druckte dies Marica Stankoviæ aus: «Ein neuer Mensch ging an unserem Horizonte auf. Es kam ein Mensch, dessen Glaube nicht blosse Tradition war, vielmehr Leben, und die katholische Arbeit hielt er nicht als Sport, sondern als Kampf um die unsterblichen Seelen»

(«Život», («Leben»), Nr. 5. 1938.)

            Es kam ein Mensch, der wusste, was er will, der ein ganzes Programm verwirklichen wollte. «Der katholische Glaube ist mein Lebensberuf», so schrieb er seiner Mutter aus Paris. Diesen «Beruf» wird Hans konsequent verwirklichen über jegliche Erwartung hinaus und zur Bewunderung aller, die mit ihm mitarbeiten werden.

            Nicht ganz sechs Jahre durchlebte Johannes in Zagreb, aber hinter sich lasst er eine tiefe Furche in unserem katholischen Leben, ein starkes Licht, dessen Strahlen bis in unsere Tage reichen.

            Was macht dieser neue Mensch in Zagreb? Worin war seine Grosse? Was hat soviel Menschen von der Feder angeregt, ihm nach dem Tode hunderte von Seiten zu widmen?

            Das Leben des Johannes Merz, genauer die sechs Jahre seines Aufenthaltes in Zagreb, konnten wir mit folgenden Worten ausdrucken: verkörperte Liebe zu Gott und zu den Nächsten, die kein eigenes persönliches Interesse kennt. Diese zwei grundlegende christliche Gebote verwirklicht Hans gerade bis zum Heroismus und zwar täglich, beharrlich treu bis zu seinem letzten Atemzug, als er Gott sein Leben zum Opfer bringt zum Segen der kroatischen Jugend. Die Reinheit und Treue seiner Liebe zu Gott und dem Nächsten, das ist dieses Erhabene, das wir einige Dezenten nach seinem Tode bewundern.

            Es war das, zum Augenschein, ein ganz gewöhnliches Leben. Gewissenhaft erfüllt er seinen Professordienst und die übrigen Pflichten, und seine Freizeit widmet er der Arbeit unter der katholischen Jugend. Bei dieser Arbeit war Hans nicht allein. Es gab viele seiner Kollegen, Mitarbeiter, die genau so gewissenhaft ihre Pflichten erfüllten und sich mit apostolischer Tätigkeit befassten. Aber bei Johannes war dies etwas Besonderes, einzigartiges – Dieses Besondere und Einzigartige war der Reichtum seiner Seele, die voll übernatürlicher Schönheit war. Gott erfüllte sein Wesen mit seinem Licht und seinem Zauber und gab durch ihn ein Beweis seiner Gegenwart. Es bezeugten viele, sie hatten in seiner Nahe ein besonderes Empfinden der Gegenwart Gottes gehabt. (Kardinal F. Šeper, P.I. Hausherr. S.J.) Andere erlebten ein Gefühl der Wonne, Licht, Zauber, etwas Unerklärliches, das aus seinem Wesen strömte und zum Guten anregte (Don A. Radiæ, Prof. A.M.)

            Wir werden in den folgenden Kapiteln bestrebt, seine Seele neugeboren durch die Gnade Gottes und verwandelt durch seine Liebe zu zeigen. Wir werden zu sehen versuchen, wie sich in seinem alltäglichen Leben seine allumfassende Hingabe und Treue der Liebe Gottes sich offenbaren wird, wie sich seine Gute bis zu den Letzten in der menschlichen Gesellschaft herabliess.

 

Der Tempel Salomons

 

Das Leben des Johannes Merz war faktisch ein einziges Gebet. Alles war bei ihm Gott geweiht. Gott erfüllte seine täglichen Standespflichten und das Gebet durchdrang sie.

            Das Gebet war ein JA zu Gott, seine Erwiderung der Gnade Gottes, die ihn zur allumfassenden Hingabe an Christus und den Interessen Seines Reiches anregte. Durch das Gebet kontaktierte Hans ununterbrochen mit der übernatürlichen Welt. In ihm schöpfte er Kraft nicht nur für die persönliche Heiligung, sondern auch für seine apostolische Tätigkeit.

            Was und wie betet Hans? Viele Tatsachen aus seinem Leben zeigen uns, wie er das Gebet in seinem alltäglichen Leben organisiert hatte, so dass es harmonisch in seine Pflichten und seine Arbeit hineingriff.

            Der Mittelpunkt seines Gebetslebens war die tägliche hl. Messe und hl. Kommunion, welcher er in der Herz Jesu- Basilika beiwohnte. Er begleitete sie aus seinem grossen französisch-lateinischem Missal. Er wünschte, das, was der Priester im Namen der Kirche am Altare betet, möglichst gut zu verstehen und sich damit zu vereinigen. Darum sind auch sein Interesse und seine Liebe für alles, was die Liturgie betrifft verständlich, da er durch die bemuht war, möglichst tief ins Leben Christi zu versenken. Oft betete er auch die Tagzeiten des Gottesvolkes – das priesterliche Brevier.

            Johannes hielt täglich seine Betrachtung – die gedankliche Gebetsform, die dreiviertel Stunde dauerte. In der Betrachtung führte ihn, noch zur Kriegszeit ein Franziskaner Priester in Bozen ein.

            Jeden Tag betete Hans den hl. Rosenkranz, oft unterwegs, als er durch die Gassen ging. Einige male wöchentlich kam Johannes auf der Galerie der Herz Jesus-Basilika und da verrichtete er ungestört und unbemerkt in den Nachmittagsstunden die Kreuzwegandacht. Oft und gerne hielt er Anbetung vor dem Allerheiligsten Altarssakramente. Seine Studenten und die Kollegen Professoren sahen ihn nicht selten zur Rekreationszeit der Schule, wie er in Sammlung vor dem Tabernakel kniete.

            Hans war nicht bloss ein Beter. Er war ein Apostel des Gebetes. Viele seiner Artikeln, in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht, regen die Leser zum geistlichen Leben an. In seinem Tagebuch stossen wir an viele Stellen, wo er  vom Gebete spricht und notiert spontan seine Zwiesprache mit Gott. Er regt seine Freunde und Mitarbeiter zu einem Gebetsleben an. In seiner Wohnung organisierte er einen Zirkel für geistliche Leben, wo er den Studenten Anleitung gab, wie man eine tiefere Verbindung mit Gott erreichen kann. Ein Besucher erzahlt davon, wie sie Johannes nach dem Beispiel des Tempel Salomons auf die Art und Weise, wie man die Betrachtung halten kann, anleitete: «Zuallererst soll man sich das geschichtliche Geschehen vor Augen stellen und dann auf sich selbst anwenden. Auch meine Seele ist ein Tempel, eventuell schöner als jener Salomons. Der Schmuck dieses Tempels sind die christlichen Tugenden und die heiligmachende Gnade, die in uns immer mehr wachsen soll. Was verunschönert den Tempel des Heiligen Geistes in mir...?

            Viele andere Tatsachen zeigen, wie Hans das Gebet schatzte und was es für ihn bedeutete. Bei ihm war keine Geschäftmacherei mit Gott wie bei vielen Christen, die sich an Ihn wenden nur dann, wenn sie Ihn benötigen. Das Gebet war für Johannes ein Gespräch mit dem Vater, ein Verkosten Seiner Nahe. In Ihm fand er Freude, Erholung, Stärkung und Kraft für seine apostolische Arbeit.

            Besonders auffallend war seine Spontaneität beim Beten. Er war weder Mitglied irgend eines Ordens oder Institutes, der ihm die Regeln für die Zeit, die Weise oder die Form des Gebetes vorgeschrieben hatte. Alles, was und wie er betete, das tat er in aller Freiheit, spontan, ungezwungen vom Herzen. Und das ist dieses, so Sympathische, was uns anzieht und zur Nachahmung anregt.

 

Die Kunst und das Leben

 

Aus Paris schrieb Hans seiner Mutter jene bezeichnenden Worte wie er vollkommen überzeugt ist über  die Echtheit des katholischen Glaubens und dass sein ganzes Leben um Christus den Herrn kreist. Deswegen wundert es uns nicht, warum sich seine Seele ununterbrochen dorthin sehnte, wohin Jesus am allergegenwärtigsten ist -  in der Liturgie der katholischen Kirche, die beim Feiern des Eucharistischen Geheimnisses das Leben Christi in all seinen Erlöserphasen erlebt.

            Schon als Student in Wien begeisterte sich Hans für die Liturgie, nachdem er liturgische Exerzitien mitgemacht hatte. Das Interesse für die Liturgie nahm bei ihm immer mehr zu. Als Thema seiner Doktorats-Dissertation in Paris wählte er sich: «Der Einfluss der Liturgie auf die französischen Schriftsteller von Chateaubriand bis heute», und sammelt fleissig das Material dazu. Mit seiner Ankunft in Zagreb ordnete er es und doktorierte mit Erfolg an der Zagreber Philosophischen Fakultät, im Jahre 1923.

            In unseren Zeitschriften schreibt er zahlreiche Artikeln über  die Liturgie, halt liturgische Vortrage, regt die Jugend zum liturgischen Leben an. So wird er ein Champion der liturgischen Erneuerung in der Kirche Kroatiens.

            Was war das in der Liturgie, das Hans angezogen hatte, dass er in ihr den Höhepunkt der künstlerischen Verwirklichung fand, dass sie für ihn Kunst und Leben war, wie sein Seelenführer P.J. Vrbanek meinte? Wir wollen uns seiner eigenen Worte aus seinem programmatischen Artikel «Geistliche Erneuerung durch die Liturgie», veröffentlicht im «Luè» (Zeitschrift «Licht»), im Jahr 1924., bedienen.

            «Die Liturgie ist das offizielle Gebet der Kirche... Oh, wie gerne hören wir zu, wenn sich zwei sehr weise Menschen miteinander unterhalten...Aber was wird erst dann, wenn wir dem Gespräch zwischen Christus – Gott und der Ihm ähnlichen Kirche lauschen? Soll diese ganze Ideenwelt für uns gegenstandslos bleiben? Soll sie nicht unser Leben zu den unermesslichen Hohen des göttlichen Lebens emporheben?...Durch die liturgische Betrachtung wird jeder Katholik gross und universell. Er lasst seine persönlichen Interesse beiseite und fangt an, das zu fühlen, was die Kirche selbst, dieser erhabene Ausdruck des unermesslichen Christus fühlt. Auf der Grundlage der Liturgie wird jede einzelne Seele erzogen. Man kann sagen, dass die Liturgie Pädagogik im wahren Sinne des Wortes ist, da mit ihrer Hilfe der Gläubige alle Phasen des ewigen Lebens Christi in seiner Seele durchlebt.»

            In einem andern Artikel «Liturgie und Kunst» in der Zeitschrift «Život» (Leben), veröffentlicht im Jahre 1924., schreibt Johannes: «Die Liturgie ist die kunstvolle Ganze, in welcher alle Künste mitwirken und die auf alle Künste eingewirkt hatte. In ihr gibt es nichts ohne Bedeutung...So zauberhaft ist die Schönheit der katholischen Zeremonien, dass der Mensch, der einmal ihren Zauber erlebt hat, in seiner Seele das Sehnen fühlt, alles zu verlassen und sein ganzes Leben in liturgischen Gebeten zu verbringen, Tag und Nacht ohne Unterlass Hymnen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit zu singen.»

            Wenn wir das, was der II. Vatikanische Konzil über  die Mitwirkung der Gläubigen im liturgischen Leben der Kirche mit dem, was Johannes sagte und tat vierzig Jahre vor dem Konzil, vergleichen, können wir nicht umhin zu bemerken, wie viel Dinge es gibt in seinem religiösen Leben, die der Konzil allen ans Herz legt. Und gerade sein reiches liturgisches Leben und sein liturgisches Apostolat machen ihn zeitgemäss und modern auch in unserer Nachkonzilzeit.

 

Die Eucharistie – Der Höhepunkt des Lebens

 

Seitdem Hans sein Tagebuch zu fuhren beginnt, bemerkt man bei ihm eine besondere Neigung zum Sakramente der Eucharistie, vereint mit einem aufrichtigen Glauben an die reale Gegenwart Jesu in der hl. Kommunion. Je weiter um so mehr wachst er in einem tiefen Verständnis dieses Sakramentes und er offenbart sein immer grosseres Verlangen nach dauernder Vereinigung mit Christus durch die Eucharistie. Herzlich sind die Beschreibungen, die er uns in seinem Tagebuch hinterliess, sei es, dass er seine Gedanken über  die hl. Eucharistie auseinandersetze oder seine Erlebnisse bei der hl. Kommunion schildere. Aus seinen Aufzeichnungen schliesst man, dass ihn Christus auch auf fühlbare Art die Süsse Seiner Gegenwart in der hl. Eucharistie empfinden liess.

            Seine Liebe zur Eucharistie flammt immer mehr auf, nach seiner Ankunft in Zagreb. Er empfängt jeden Tag die hl. Kommunion. Er ist bestrebt, auch die Jugend, unter welcher er tätig ist, immer mehr zum eucharistischen Leben zu führen. In seinen Artikeln wünscht er, die Leser zur oftmaligen hl. Kommunion anzuregen. Im bereits genannten Artikel «Geistliche Erneuerung durch die Liturgie» schreibt Hans: «Seid überzeugt, dass die hl. Messe ohne hl. Kommunion etwas Fragmentarisches ist. Der Heiland hatte sich auch unter den Gestalten von Gold oder Stein verwandeln können; das tat Er aber nicht, sondern nahm die Gestalten von Brot und Wein an und zeigte uns klar damit, Er wünsche, dass wir Ihn bei jeder hl. Messe geniessen...

            Seien wir zeitgemäss Katholiken, werden wir durch die hl. Kommunion Teilnehmer des unendlichen Lebens des Wortes Gottes. In dieser Handlung, wo sich euer Leib und eure Seele mit der Gottheit selber vereinigt, soll der Höhepunkt eures Lebens sein; in dieser Handlung ist der Höhepunkt der sämtlichen hl. Liturgie. Alle erhabenen Gebete und Lieder, unsere ganze Betrachtung, alle unseren Handlungen im Laufe des Tages müssen Christozentrisch sein;  sollen nach dieser einzigartigen Stunde unseres täglichen Lebens gerichtet sein. Auf diese Art erfüllt sich schon hier auf Erden unser letzter Zweck und wir werden Teilnehmer des göttlichen Wesens selbst.»

            Mit Rührung sprechen uns viele Hansens Zeitgenossen von seiner Liebe und Hochachtung zu der Heiligsten Eucharistie.

            «Wir wären junge Menschen – erinnert sich Herr Bartol Blaškoviæ, - als Merz zu uns nach Hvar kam. Er versammelte uns und sprach uns oft über  den Glauben, die Kirche und den Papst. Noch heute ist es mir lebendig vor den Augen, wie er gesammelt vor dem Altar der Heiligsten Eucharistie in der Kathedrale von Hvar kniet und adoriert, ganz versunken im Gebet. Für ganze Leben hat mich sein Beispiel dazu angeregt, dass ich beim Eintreten in die Kirche zuallererst Jesus im Allerheiligsten Sakramente des Altares meine Anbetung erweise.

 

Liebe und beste Freunde

 

Wie Hansens Leben um «Christus den Herrn» kreiste, so ist es sicher, dass er in diesem Kreise nicht Diejenige zurückstellte, die Jesus am nächsten auf Erden war – Seine Mutter. Schon in seinem Tagebuch bemerkt man sein Vertrauen und seine Liebe zur Seligsten Jungfrau Maria. Die Kunst hilft ihm, die Erhabenheit und Grosse unserer Lb. Frau zu erkennen. Am 14. Dezember 1914. schreibt er ins Tagebuch: «Meine gute, allergrosste Mutter, ich bitte Dich, erfülle meine Seele mit schonen Gefühlen und edlen Gedanken, zeige mir immer den rechten Weg, auch wenn es mir schwer wäre, ihm zu folgen!»

            Hans ging ein paar Mal nach Lourdes Wallfahrten, wo unsere Liebe Frau im Jahre 1858. achtzehnmal dem armen Madchen Bernadette erschien und durch sie die Welt zu Gebet und Busse aufrief. Der Besuch von Lourdes vertiefte Hansens Andacht und Hingabe zur alleeseligsten Jungfrau Maria in grossem Masse. Nach dem ersten Besuch schreibt er aus Paris seinem Freund, dem Ing. Karlo Maroševiæ: «In Lourdes überkommt Dich zuallererst das Gefühl, dass Sie, die Mutter Gottes, die die Grosste, Stärkste und Schönste ist als all jene Pyrenäischen Bergriesen, die Lourdes umgeben, da sei. Sie thront dort auf besondere Art und ich meine, dass alle, die dort sind, auch wenn sie nicht glauben, dasselbe Gefühl haben mussten, dass Sie dort sei. In Lourdes befindest du dich dann in Ihrer Nahe: Sie erhebt dort ihren Haupt über  die Pyrenäen und halt Gott auf ihrem Schoss. Das ist eine reale Empfindung, die du nicht abschütteln kannst, und die Tausenden von Gläubigen (bei Nacht mit einer entzündeten Kerze in der Hand) ziehen durch die Serpentinen am Hügel entlang und singen ohne Unterlass Ave, Ave, Ave Maria! Jede Kerze, die zittert, ist eine Seele, die heute oder morgen zu ihr kommen wird. Oh, mochte doch sobald wie möglich diese Stunde schlagen, so empfindet der Mensch in Lourdes, denn wahrhaft, dort gibt es einen «Vorgeschmack des Himmels»...Ja, in Lourdes lernte ich kennen, was der Rosenkranz ist und er ist mir seither mein lieber und mein allerbester Freund. Im Geiste des Glaubens betete ich ihn freilich schon früher, aber Lourdes fugte meinem Verstandesglauben noch das Gefühlsmoment dazu.»

            Nicht nur, dass Johannes täglich den Rosenkranz betete, sondern er empfiehl ihn gerne auch andern. Einem Madchen sagte er: «Wenn es Ihnen schwer sein wird und wenn Sie von Bedrängnissen heimgesucht werden, dann nehmen Sie den Rosenkranz und er wird Sie trösten und Ihnen Kraft geben, alles ruhig und mit vollkommener Hingabe in Gottes Willen zu ertragen.»

            Die Lehrerin Mira Majetiæ erzahlt, wie Hans für eine Veranstaltung im Hyeronimussaal selber auf seinen Händen die Marienstatue durch den lebhaftesten Strassenverkehr von Zagreb, ohne irgendwelche Rucksicht auf Menschen trug: «Und da hat mir dieser Mensch am meisten gefallen. Ein Professor und Doktor, der auf solche Art seinen Glauben und seine Demut zeigt! Ganz gross war seine Andacht zur seligsten Jungfrau Maria, direkt unglaublich für einen Professor. So mancher Priester, den ich kannte, hatte keine solche aufrichtige Hingabe (Ergebenheit) zu unserer Lieben Frau wie er.»

            Johannes hielt oft Vorträge über  Uns. Liebe Frau von Lourdes an verschiedenen Orten. Nach einem solchen Vortrag in Sv. Ilija bei Varaždin sagte man im Volke: «Ein so gelehrter Professor und halt so seinen Glauben, das ist etwas!»

 

Der sichtbare Christus

 

Eine wesentliche Charakteristik von Hansens öffentlichem Wirken und ein wichtiges Merkmal seiner reifen Persönlichkeit und Geistigkeit war: Rom – der Papsttum. Die Ehrfurcht (Hochschatzung) vor dem Papst und die Ergebenheit zur Kirche wären nur äußere Ausdrucke seiner innerlichen Liebe und Treue zu Christus dem Herrn. Er druckte es mit jenen berühmten Worten zur Antwort einer Ankette aus: «Warum liebe ich die katholische Kirche und den hl. Vater den Papst?» Hans antwortete darauf: «Da ich in ihr ein klares Bild des geliebten Heilandes und Gottes Jesus mit all Seinen Vollkommenheiten, und im hl. Vater dem Papst meinen Gott und meinen Herrn in Menschengestalt sehe.» Diese Worte enthüllen uns eine Seele ähnlich des Paulus, die ganz untertauchte und das Geheimnis des mystischen Leibes Christi begriffen hatte. Als er diese Worte schrieb, war Hans kaum 27 Jahre alt.

            Oft hielt er Vortrage und schrieb Artikel über  Rom und den Papsttum, für sein tiefes Verständnis des Mysterium der Kirche Zeugnis gebend. «Der Papst! Wir sahen seine weisse Gestalt, küssten seine heilige Hand und wären aus Liebe zum sichtbaren Christus bereit – mit der Gottesgnade – ihm unbegrenzt unsere ganze Existenz darzubieten...» Mit diesen Worten schilderte Hans im «Katolièki tjednik» (Kath. Wochenblatt) seine Eindrucke aus der Internationalen Jugendwallfahrt im Jubiläumsjahre 1925., an welcher ungefähr hundert Mitglieder des Kroatischen Adlerbundes (Orlovski savez) teilgenommen hatten.

            «Merz war «ein Mensch der Enzykliken» schreibt in seinen Erinnerung an Johannes unser Kardinal Franz Šeper, der ihn persönlich gekannt hatte. «Für ihn war das Wort des Papstes ein Heiligtum. Er drang darauf, man solle die päpstlichen Enzykliken durchstudieren. In dieser Hinsicht kann er besonders heute, wo man der Bedeutung des regelmassigen Magisteriums der Kirche widerspricht, ein Vorbild für die katholischen Laien, aber auch für die Priester sein. Sentire cum Ecclesia – mit der Kirche fühlen, das war in ihm verkörpert. Bei ihm war das nicht ein blosser militärischer Gehorsam, sondern Liebe zur Kirche. Diese Liebe sprach aus jedem seiner Worte.

            Den Tag des Papstes feiern, das ist für uns eine selbstverständliche Sache. Zu Hansens Zeit war das eine grosse Neuheit. Schon im Zuge auf der Rückkehr von der Wallfahrt des Jubiläumsjahres 1925. schlug Johannes vor, dass man auch bei uns die Feier des Tages des Papstes einfuhren möge. Seine Idee wurde aufgegriffen und schon im Februar im Jahre 1926. organisierten die «Adler» - Orlovi im Hyeronimussaal die Feier des ersten Tages des Papstes. Hans selber verfasste das Rundschreiben des Zagreber Erzbischofs über  die Einführung des Tages des Papstes, die durch die ganze Zagreber Erzdiözese verschickt wurde. Nach Hansens Tod hatte die Feier des Tages des Papstes das Merkmal einer großen Manifestation unter den kroatischen Katholiken. Zum Tag des Papstes füllten ganze Massen katholischer Jugend und Volkes das grosse Versammlungssaal in Zagreb, so erhaltend und verwirklichend das Erbe ihres Ideenführers.

            Wenn wir die grosse Liebe des Johannes zum Papste als zum Stellvertreter Christi und zu Rom, dem Mittelpunkt des Christentums betrachten, können wir mit Recht die Worte eines Bischofs aus den ersten Jahrhunderten des Christentums, womit er das Leben eines Heiligen ausdruckte, auch auf ihn anwenden: «Corde romano resonavit Christum – mit römischem Herzen war er Christi Widerhall.»

 

Selig die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.

 

Um die Jugendliche besser verstehen zu können, musste ihr künftiger Apostel all das erleben, was jeder normale Junge und jedes Madchen in ihren Jugendjahren erleben. Das Erlebnis seiner ersten Jugendliebe hinterliess in Hansens Seele eine tiefe Spur. Er sagt es selber, dass ihn diese erste Liebe bei all ihrem tragischen Ende, gleichsam wiedergeboren, geadelt hatte. Obwohl es ihm bewusst ist, dass man auch ohne diese leben kann, so stellt sich ihm doch das Problem der Liebe mit aller Intensität vor Augen, wie wir schon aus seinem Tagebuch gesehen haben. Hansens Nachdenken über  die Liebe und Erleben derer blieb nicht auf rein idealem Niveau. In sich fühlt er auch deren physiologische Dimension. Klar sieht er ein, was es heissen wurde, dem Instinkte nachzugeben. Er hinterlasst uns in seinem Tagebuch wertvolle Aufzeichnungen seiner Kampfe und seines Bestrebens, seine Moral auf der Hohe zu erhalten. «Im Bad wirkt das erotische Moment sehr stark auf mich. Ich sehe ein, das schlechte Instinkt ist so ekelhaft, dass es meine ganze Ideologie in den Kot werfen konnte und es meldet sich doch immer. Wenn ich die Jungfrau zu Hilfe anrufe, hilft es mir sehr, aber es meldet sich wieder.» (Opatija, am 22.VII.1914) «Die Versuchungen greifen schrecklich an, das Gebet jedoch, richtet mich wieder auf. Im Heiligtum der Heiligtümer – in meinem Herzen ist unerschütterlich der Glaube. Es gibt Skepsis. Ewig ist der Kampf. Ich weiss, dass ich nicht vollkommen bin, aber die Sunden verwunden mich und ich weiss es nicht, welche es sind.» (Banja Luka, am 30.VIII.1914). «Gestern plagte mich den ganzen Tag eine schreckliche Leidenschaft, alles drängte mich zu rennen und gegen sie zu kämpfen. Sie trübt mir meine Ideale und schleift sie in den Kot, manchmal blamiert sie sozusagen die moralische Seelenreinheit.» (Wien, am 25. Mai 1915)

            Johannes begriff fruh genug, dass das christliche Leben kämpfen heisst und das zuallererst mit sich selbst. Dieser Kampf erzeigt sich im Bestreben, im eigenen Innern Ordnung und Harmonie unter seinen Leidenschaften und Instinkten wiederherzustellen. Johannes war sich dessen gut bewusst, dass Gott zuallererst unser Herz rein und ungeteilt wünscht, vom Sklavendienst an der Sunde, dem Egoismus und der Materie befreit. Und deshalb war er bestrebt, seinen Leib dem Geiste zu unterwerfen, um dann mit den in Harmonie gebrachten Instinkten auf den Wegen der Freiheit, Wahrheit und Gute schreiten zu können.

            Das Gebet, die hl. Beichte und hl. Kommunion wären ihm die übernatürlichen Quellen, aus welchen er seinem Willen Kraft schöpfte, um die ungeordneten Forderungen des Leibes zu überwinden. Er unterliess kein natürliches Mittel, das ihm zur Erhaltung der Reinheit nutzte. Das wären Körperübungen, Spaziergange in der Natur, Enthaltsamkeit im Essen und Trinken, das Schlafen auf hartem Boden, das Ausweichen vor der Gelegenheit zur Sunde, die Kontrolle über  seine Sinne, über  die Augen und Ohren. Als ihm in einer Ankette die Frage gestellt wurde: «Welches ist das sicherste Mittel, damit man das Leben rein erhalten kann?», antwortete Hans: «Die Begeisterung für die hl. Kirche, die sich auf der Glaubenskenntnis gründet. Die tägliche hl. Kommunion, die systematische, tägliche Überwindung des Leibes (beim Essen, raschen Aufstehen aus dem Bett, regelmassigen Körperübungen, wenigstens 10 Minuten täglich).» In derselben Ankette bekennt Hans, dass seine persönliche Bemuhungen um ein reines Leben nicht leicht wären. Er nennt das «ein furchtbar schwerer Kampf». Aber es gelang ihm trotzdem, mit Hilfe der Gottesgnade, wie er selbst bemerkt, den Sieg zu erringen.

            Wie Gott immer mehr seine Seele erfüllte, so fühlte Johannes in sich den Ruf zu einer grosseren, vollkommeneren Liebe. Er schatzt die christliche Ehe, aber die Reinheit und Jungfraulichkeit zieht ihn immer mehr an. Vor seinem Fortgang in den Krieg vermerkt er in sein Tagebuch «Keuschheit und ewige Keuschheit soll das Motto heissen.» Schon im Jahre 1915. gelobte Johannes Keuschheit bis zur Verehelichung, aber im Jahre 1923. legt er das Gelübde der ewigen Keuschheit ab. Indem er sich versagte, eine eigene Familie zu gründen, weiht Hans Gott sein ganzes Herz und durch ihn seine Nächsten.

            Mit weltlichen Augen angesehen, mochte es im ersten Augenblick scheinen, sein Gelübde ewiger Keuschheit sei ein Zeichen von Passivität, ein fruchtloses Verzichten auf ein Gut, das naturgemäss dem Menschen gehöre. Indessen vom übernatürlichen christlichen Standpunkt gesehen, bedeutet das Gelübde der Keuschheit eine grosse geistliche Fruchtbarkeit. Dadurch teilte Hans seine Liebe Hunderten von Menschen, die bedürftig nach Gute, Verständnis, Liebe, Fürsorge und Aufmerksamkeit sind. Soviel Werke der geistlichen und leiblichen Barmherzigkeit war nur jener fähig zu verrichten, der sein Herz ganz Gott hingegeben hatte und sich so mit der göttlichen Liebe zu jedem Geschöpf gleichmachte.

 

 

Nichts Erhabeneres als die christliche Familie

 

Kaum jemand von Hansens Freunden und Mitarbeitern wusste um sein ewiges Gelübde der Keuschheit. Sogar seiner Mutter hatte er das nicht erwähnt. Das hatte sie sehr betrübt, da sie weder Hansens geistliches Leben noch seine grosse Liebe zu Christus und den Seelen begreifen konnte. Es mochte scheinen, als ob Johannes mit seinem Gelübde der Keuschheit der Frauenwelt fremd geworden wäre und gefühllos für die Werte der Ehe und Familie. Viele Madchen und Frauen sowie seine Mitarbeiter sagen uns das Gegenteil.

            Die weiblichen katholischen Organisationen wendeten sich an ihn, um verschiedene Vortrage und Ratschlage zu bekommen. Er arbeitete mit in ihren Zeitschriften, und als im Jahre 1925. der kroatische Adlerbund (Orlovski savez), weibliche Sektion, gegründet wurde, bemuhte er sich, um ihre Reihen die Idee der Kath. Aktion hineinzutragen. Sein aufrichtiges geistliches Leben und seine Liebe zur Sache Gottes flossten ihnen eine tiefe Hochschatzung und Vertrauen ein und viele von ihnen wendeten sich an ihn sogar auch in Gewissensfragen.

            Was Hans für junge Madchen seiner Zeit bedeutet hatte, das druckte am besten die Professorin Djurdjica V. im Vorwort des Buches «Kroatiens gottbegnadeter Mensch», veröffentlicht im Jahre 1938., zum 10. Jahrestag seines Todes aus:

«Du unser keuscher Bruder, danke dir!

Danke dir, dass du uns gegenüber so zartfühlend und fein warst. Dass du die feinsten Vibrierungen und die kleinsten Zellen unserer Madchenseelen verstanden hattest. Danke dir, dass du in jeder Frau das Bild der Allerfeinsten sahst. Du warst, schöner Bruder, Einer unter Tausenden, der du im Verkehr mit uns am vollkommensten begriffen hattest, warum ist Christus durch eine Frau auf die Welt gekommen. Danke Dir, Johannes, dass du aufrichtig alle deine Schwestern geachtet hast, dass du in jeder von ihnen einen Christophorus sahst, eine Fortsetzung der Gottesmutter, ja – der Gottesgeberin.

            Danke dir, dass wir durch dich die jungfrauliche Reinheit liebgewonnen, Mariens und Ihres Sohnes strahlendes Weiss, für all das, danke dir!»

            Wenn auch Hans keine eigene Familie hatte, so schatzte er trotzdem hoch die Erhabenheit der christlichen Ehe. Schon in seinem Tagebuch bemerkt man seine Auffassung «Es gibt nichts Erhabeneres als die christliche Familie. Jener Geist, der unter den Mitgliedern herrscht, jene Aufrichtigkeit, Sanftmut, Einfachheit in den alleraufopferndsten – sonst komplizierten – Teilen sind von unbeschreiblicher Geistigkeit durchdrungen. Oft denke ich an die Familie der Joviæer» (9.IV.1918.) Die gleiche Überzeugung bekundet Hans auch später. Im Jahre 1924. besucht Johannes die Familie Beliæ in Djakovo. Nach seinem Besuch schreibt er ihnen einen schonen Brief, in welchem er unter anderem schreibt:

«Von allem Schonen, was ich in Djakovo sah, muss ich Ihnen zugeben, dass mir doch Ihre Familie am meisten gefallen hatte, da sah ich konkret vor mir eine christliche Familie, und konnte selbst ganz anschaulich die Lehre der hl. Kirche begreifen, über  die wichtige Bedeutung der Familie, über  die Priorität der Familie, über  die gesellschaftliche Autorität, über  den Staat, über  das Recht der Eltern auf christliche Erziehung in der Schule – schliesslich über  all das, was sich an diese erste Zelle der natürlichen Gesellschaft anschliesst, nach dem Vorbild der Beziehungen, die zwischen Christus und Seiner hl. Kirche bestehen, geordnet.» (Zagreb, Herz Jesu – Fest, im Mai 1924.)

            «Immer teilte er mit großer Rührung mit, dass dieser oder jener geheiratet hatte», erinnert sich der Prof. Anton Matasoviæ «Bei anderen Gelegenheiten wusste er mir oft zu sagen: «Tunja, wir arbeiten für die Rettung der unsterblichen Seelen der ungeborenen Kinder!» Er schaute weit in die Zukunft. Mit diesen Worten aludierte er an die zukünftigen Familien unserer Burschen und Madchen, die in den katholischen Organisationen wären. Und auch andern sagte er das gleiche, wenn sie sich über  die Schwierigkeiten in der Organisationsarbeit mit der Jugend beklagten.»

            Sein Büchlein: «Du und sie» ist einer von den Beweisen, wie viel es ihm daran lag, bei der Jugend ein richtiges Verständnis für das voreheliche Leben und für das christliche Leben selbst in der Ehe, zu wecken. Hier bieten wir ein paar Gedanken aus diesem Broschurchen!

            «Vom des Gottes Willen ist es bestimmt, dass die grosse Mehrzahl der Menschen heiraten. für die meisten Menschen ist das Familienleben eine Quelle der reinsten, und schönsten irdischen Freuden. Eine echte, wahre Freude wirst du nicht auf den öffentlichen Platzen, auf Vergnügungen, in Tanzsaalen, im Kino, in Gasthäusern finden, sondern am häuslichen Herd. Die Familie ist auf der echten edlen, gegenseitigen Liebe zwischen Mann und Frau aufgebaut, auf der Liebe von Vater und Mutter zu den Kindern... Auch in der Ehe jedoch ist die Liebe nicht vollkommen und ungetrübt, denn Krankheiten, Leiden und Tod vielfach und oft dieses Gluck und oft die Liebe selbst trüben. Der Mensch kommt in der Ehe zu der Überzeugung, dass eine vollkommene, unzertrennliche Liebe auf dieser Erde nicht zu erlangen ist und dass Menschenherz erst dann eine unzertrennliche Liebe in der ewigen Vereinigung mit Gott befriedigen wird. Die irdische Liebe ist nur ein Bild der Liebe Gottes, ein Bild der Liebe Christi zur heiligen Kirche und ein Weg zur göttlichen Umarmung.»