Christus war mein Leben – Es heisst Opfern

 

Schon seit Kindheit klagte Hans über schwache Augen. Dazu gesellte sich später auch Zahnweh. Die Eltern taten alles, um ihm zu helfen, gingen zu bekannten Ärzten, zu einheimischen und fremden Spezialisten, aber ohne viel Erfolg. Seit dem Jahre 1927. die Zeit der grossten und wichtigsten Arbeit war er ununterbrochen kränklich. Zuerst war das ein Luftrohren – und Halsentzündung, dann der Lungenspitzen und des Rippenfelles. Im Frühjahr 1927. war er zur Erholung in Kranjska gora und dann in Sv. Križ über Jesenice. Sein Zustand wies keine merkliche Besserung. Anfang 1928. erfuhr er seine wahre Krankheit: akute Kieferhohlenentzündung. In dieser Zeit versucht er wieder, sein Tagebuch nach einer Pause von sieben Jahren zu führen. Es gelang ihm, nur fünf Seiten zu füllen. Hier einige der wichtigsten Zitate:

 

                                                                                  Zagreb, 21.1.1928

Alles zur Ehre des Heiligsten Herzens Jesu.

                                                                                  Zagreb, 10.2.1928.

Heute war Mama das erste Mal damit einverstanden, dass man in unserer Familie gemeinsam den Rosenkranz bete. Morgen ist unsere Liebe Frau von Lourdes. Das ist ihr Werk. Aber deshalb mussten soviel Krankheiten auf mich kommen und vielleicht noch diese Nasenoperation, welcher ich mich vielleicht noch werde unterwerfen müssen, wenn die heilige Gottesmutter nicht anders hilft.

                                                                                  Zagreb, 13.2.1928

Ein genug grosses Kreuz liegt auf uns. Ich bekam eine eitrige akute Kieferhohlenentzündung. Heute zog man mir noch einen Zahn. Mama leidet grosse Qualen. Indessen sehe ich, dass sie genug gerne betet. Heute abend machten wir wie ein Gelübde, dass wir, soweit die Verhältnisse es zulassen, immer gemeinsam den Rosenkranz beten wollen. Merkwürdig: als ob dieses unser Leiden, ein Wunder an der Mama bewirkt hatte, die jetzt ziemlich leicht betet und selbst den Rosenkranz. Sie sagt selber, dass sie heute etwa hundert Vaterunser und Avemaria gebetet hatte. Ein experimentaler Beweis, wie das Leiden das stärkste Mittel ist, um Seelen zu retten und zu heiligen. Selig jene Seelen, die mit Freuden jedes Leiden aus der Hand des Herrn annehmen und es mit Jesus vereint für die Verbreitung der Kirche Jesu – in den Seelen und in der Gesellschaft darbringen

                                                                                  Zagreb, 15.2.1928

Es ist leicht, jeden Tag die hl. Kommunion zu empfangen und sich mit dem Herrn zu nahren. Oh, wie ist es dem Menschen bitter, wenn er das harte Holz des heiligen Kreuzes kauen und essen muss!

            Hansens Krankheit verschlimmerte sich immer mehr. Die Arzte rieten ihm die Operation, zu der Johannes seine Zustimmung gab. Vor seinem Fortgang besuchte er seinen Seelenführer P. Vrbanek , der ihn ermutigte und anregte, er möge sich gänzlich in Gottes Hand hingeben. Wie jeder Mensch, so fürchtete sich auch Hans vor der Operation. Er nahm sie indessen an, als den Willen Gottes, der vor ihm dieses Opfer für die Ideen und Ziele, denen Hans schon sein ganzes Leben geweiht hatte, erforderte. «Unser letztes Gespräch drehte sich um einige Mangeln unter den «Orlovi» (Adlern), auf denen die Gegner mit dem Finger zeigten» - schreibt P. Vrbanek in seinem Buch «Christi Ritter Johannes Merz» «und wie einer solchen Oberflächlichkeit das einzige Heilmittel die Arbeit und das sachliche Opfer sei, nach den Worten des Heilandes: «Wenn das Weizenkorn in die Erde fallt und stirbt,  so bringt es viel Frucht. – und mit diesem Gedanken nahm er Abschied: «Ja, davon bin ich schon langst überzeugt: Es heisst opfern! Ich bin bereit!»

 

Ich erwarte die Barmherzigkeit des Herrn

Vor seinem Fortgang zur Klinik ordnete Hans seine Bibliothek und die zahlreiche Korrespondenz. Es scheint, er hatte eine Vorahnung seines baldigen Endes gehabt, und so wollte er alles in vollkommenster Ordnung hinterlassen, wofür er sein ganzes Leben viel Sinn erwiesen hatte. Seiner Mutter, die schon lange schwer krank war, wusste er in letzter Zeit zu sagen, das er noch vor ihr sterben werde, und schlug ihr halb im Scherze vor, sie möge sich seinen guten Freund und Mitarbeiter den Dr. Avelin Æepuliæ, der ohne Eltern geblieben war, an Sohnes statt annehmen. Am Abend vor seinem endgültigen Gang zur Operation arbeitete er lange in der Nacht. Erst nach seinem Tod entdeckte man, wofür er seine letzten Stunden im Elternhaus gewidmet hatte. Er versuchte, seine Grabinschrift in Form von Testament zu verfassen. Man fand es in der kleinen Lade seines Schreibtisches. Er verfasste dies in lateinischer Sprache und fugte zum Schluss drei Wörter im griechischen (wahrscheinlich nach dem Muster der Inschriften aus den Katakomben):

TESTAMENTUM

Decessit in Pace fidei Catholicae

Mihi vivere Christus fuit et mori lucrum.

Expecto misericordiam Domini et inse(pa)rabilem

Plenissimam aeternam possessionem Smi Cordis Jesu.

I(van) M(erz). Dulcis in refrigerio et in pace.

Anima mea attinget finem suum quare creata erat.

EN THEO HRISTO

 

Auf Deutsch wurde es lauten:

VERMACHTNIS

Gestorben (bzw. Starb) im Frieden des katholischen Glaubens.

Christus war mein Leben und Sterben mein Gewinn.

Ich erwarte die Barmherzigkeit des Herrn und den ungeteilten, vollkommenen ewigen Besitz des Hlgst. Herzens Jesu

Johannes Merz selig in Ruhe und Frieden.

Meine Seele wird das Ziel erreichen, wofür sie erschaffen wurde.

In Christus Gott.

 

Beim Verfassen der Inschrift setzte Johannes in der zweiten Zeile, genau nach St. Paulus, woher dieser Satz auch genommen wurde, das Wörtlein «est» = «ist» (in die Gegenwart). Später, allerdings, sich in die Tatsache einlebend, er sei schon tot, bekreuzte er das «est» und setzte «fuit» = «war». Christus war mein Leben.

            Indem wir die Zeilen seines Testamentes lesen, können wir nicht umhin als mit Bewunderung die seelische Stimmung dieses jungen Menschen betrachten, der dem Tode bewusst entgegen schreitet. Man spurt dabei nicht ein bisschen von einer Unsicherheit vor dem Mysterium, der sich über jeden Menschen im Augenblick des Todes vollzieht. Aus jedem Wort bricht nur heitere Hoffnung aus und sicheres Vertrauen in die ewigen Güter, die denen versprochen sind, die glauben.

            Alle drei göttlichen Tugenden, Glaube, Hoffnung, Liebe, die Johannes in seinem Leben nachwies, bestätigte er jetzt noch einmal feierlich vor seinem Gang in die Ewigkeit in seinem Testament.

            Am 25. April 1928. morgens ging er das letzte Mal ins Heiligtum des Herzens Jesu zur hl. Messe und hl. Kommunion und dann abschiednehmend von seinen Eltern, nahm er den Weg zur Oto-rino-laringologische Klinik, die sich damals in der Draškoviæeva Straße befand. Mit sich nahm er sein unzertrennliches grosses Missal, das Betrachtungsbuch von P. Meschler, die Vorsatze seiner letzten geistlichen Übungen und den Rosenkranz.

            Am nächsten Morgen, es war der 26. April, operierte ihn der Professor Dr. Mašek. Nach der Operation blutete die Wunde ziemlich viel und Hansens Zustand verschlimmerte sich, und wie das Bluten nicht aufhören wollte, musste man es mit künstlichen Mittel stillen. Plötzlich fing die Temperatur zu steigen an und zugleich damit meldete sich auch Kopfweh. So vergingen einige Tage, es gab aber keinen Grund zu ernstlicher Befürchtung.

            Viele Freunde besuchten ihn auch auf der Klinik und er gab allen das Beispiel grosser Geduld im Ertragen der Schmerzen, die sich stufenweise erhöhten. Dr. M.M. schildert uns folgendermassen sein Zusammentreffen mit Hans auf der Klinik:

            «Ich fragte ihn, ob er bei der Operation gelitten hatte. Er antwortete mir:

«Die Injektion hatte nicht ganz gewirkt, und da fühlte ich die Schlage des ärztlichen Hammers. Habe aber bei dieser Gelegenheit ständig daran gedacht, wie schön es im Himmel sein wird.»

            Als ich ihm meine Befürchtung ausdruckte, dass wir ihn gar nicht verlieren möchten, sagte er mir:

            «Aber was ist Sterben; darauf folgt die andere Welt. Dort wird es so schön und froh sein.»

            Er sprach diese Worte so aus, dass ich frappiert blieb. Es kam ihm aus der Tiefe seines Wesens. Ich bekam den Eindruck, sterben hiesse für ihn das gleiche als von einem Zimmer zum andern zu gehen. Der Ton seiner Worte druckte die sichere Überzeugung der Begegnung mit Jenem aus, der für Hans das höchste Ziel seiner Lebenstätigkeit gewesen war.

 

Die Glocke der Zagreber Kathedrale

Hansens Zustand besserte sich nicht nach der Operation. Die Stirnhohlenentzündung verursachte eine Gehirnhautentzündung, die sich immer mehr erweiterte. Einige Male empfing er mit grosser Andacht die hl. Kommunion, solange es ihm möglich war. Die Krankheit nahm ihm zuerst die Sprache, dann die ganze rechte Körperseite. Die Arzte taten alles, um ihm das Leben zu retten, jedoch ohne Erfolg. Sie waren der Meinung, er werde schon am Sonntag den 6. Mai sterben, aber sein gesundes Herz und das durch ein reines und strenges Leben ausserordentlich erhaltene Organismus kämpften noch lange gegen einen schnellen Tod. Am Sonntag nachmittag erteilte ihm sein Beichtvater P. Vrbanek in Gegenwart seines Vaters und der Freunde die Krankenölung. Er fragte ihn dann, ob er noch etwas zu sagen wünsche. Hans bejahte es mit einem Kopfnicken, denn er konnte nicht mehr sprechen. Der Beichtvater, der seine Gedanken nach ihrem letzten Gespräch vor der Operation erraten hatte, fragt ihn: «Nicht wahr, Sie opfern ihr Leben für die kroatische «Orlovstvo» (Adlerbewegung)? Hans blickt mit heiterem Blick; seine grossen Augen strahlten und bestätigten das bloss mit einem Kopfnicken.

            Der apostolische Nuntius, Msgr. H. Pellegrinetti, der sich am 9. Mai auf der Durchreise in Zagreb befand, besuchte ihn auf der Klinik und gab ihm den apostolischen Segen. Am gleichen Tag am Vorabend bekam Hans vom Hl. Vater Papst Pius den XI. telegraphisch seinen Segen. Das Telegramm lautete: «Der  Hl. Vater segnet den kranken Dr. Merz erflehend Gottes Hilfe für ihn – Kardinal Gaspari». So erhielt Hans, der den Papst so liebte, da er in ihm den lebendigen Christus sah, am Sterbebett auch diesen seltenen Trost.

            Einer von seinen Freunden Dr. D. Kniewald, der gewiss ununterbrochen bei ihm wachte, schildert uns in seinem Buch «Dr. Johannes Merz – Leben und Wirken» die letzten Stunden seines irdischen Lebens:

            «Hans war bei Bewusstsein und bemerkte alles, aber er konnte nicht anders reagieren als bloss mit dem Kopfnicken, und später bloss mit dem Blick. Oft quälten ihn schwere Krampfe. Die Zeit vor und nach den Krampfen war er bei vollem Bewusstsein und erkannte die um ihn waren, und fuhr mit der linken Hand über den Kopf, indem er sie mit jenen grossen schmerzlichen Augen anschaute, gleichsam ihnen deutend, dass ihm der Kopf schmerze... Als er seinen Vater neben sich bemerkte, nahm er seine Hand, druckte sie und näherte sie seiner Wange...

            Oft gaben wir ihm das Kreuz zum Küssen. Die letzten zwei Nächte wachte bei ihm eine Schwester, aber bei Tag war immer je ein Priester anwesend. Die letzte Nacht reihten sich bei der Nachtwache bei ihm Msgr. Beluhan, P. Ambrosius Vlahov OFM Conv. Und P. Milan Paveliæ S.J. Am Donnerstag den 10. Mai fand sich wieder an Hansens Bett Msgr. Beluhan, wahrend wir andere mit Tranen in den Augen und zitternder Stimme laut beteten. Anwesend waren neben den Ärzten und ehrw. Schwestern, sein Vater, Dr. Kniewald und Dr. Protulipac. Hansens Atmen wurde immer langsamer, immer schwacher; ruhig lag er da... Auf einmal öffnete er weit seine grossen Augen, aus denen die Todesträne floss. Den Blick richtete er dort in die Ferne, ruhig, zuversichtlich, sicher, noch einen Seufzer, noch ein kleines, kaum merkbares Zucken und Dr. Hans Merz übergab dem Allerhöchsten seine edle Seele. Und wir knieten nieder wahrend Msgr. Beluhan betete: «Herr, gib ihm die ewige Ruhe und das ewige Licht keuchte ihm...»

            Die Nachricht von Hansens Tod verbreitete sich blitzschnell durch Zagreb. Gleich nach seinem Hinscheiden lautete die Glocke der Zagreber Kathedrale und verkündete der Stadt Zagreb und ganz Kroatien, dass einer ihrer besten Sohne ins ewige Leben hinübergegangen war. Es ist nicht Sitte, dass die Glocken der Kathedrale für den Tod eines Laien, der kein Mitglied der kirchlichen Hierarchie ist, erschallen. Die Glocken der Kathedrale lauten nur beim Tode eines Erzbischofs, Hilfsbischofs oder eines ansehnlichen Mitglieds des Domkapitels. Bei Johannes wurde indessen, eine Ausnahme gemacht. Das beweist nur, wie die offizielle Kirche in Kroatien die Persönlichkeit, das Leben und Wirken dieses jungen Professors hochschätzte, der erst 31 Jahre und fünf Monate alt war, als er diese Welt verliess und in die Ewigkeit eintrat.

            «Wir fühlten alle, dass nicht etwas Schreckliches, sondern etwas Grosses geschehen war – mit dem Sterben des Dr. Merz. Wir waren unter dem Eindruck, dass er für etwas sein Leben geopfert hatte.» -erzahlt Frau Viktoria Švigir im Gedenken dieser Tage.

            Unmöglich ist es, das grosse Leid der Eltern zu beschreiben, die in Hans ihren einzigen Sohn und die Stutze ihrer alten Tage verloren hatten. Stumm standen sie da, wie vom Blitz getroffen und die Tränen flossen ihnen nur so über die Wangen. Überall in katholischen Kreisen sprach man nur von Dr. Merz. Bald trafen zu den Eltern zahlreiche Telegramme aus allen Seiten ein, mit Beileidsausdrucken, dass sich die Postangestellten verwundert fragten, wer sei denn gestorben, dass soviel Zeichen des Beileids kommen. Ausser der Todesanzeige vonseiten der Eltern, liessen noch der Kroatische Adlerbund und das Professorsgremium besondere Todesanzeigen drucken.

 

Hochheitsvolles Grabgeleite

Das ganze katholische Zagreb versammelte sich am Sonntag nachmittag am 13. Mai 1928. am Mirogoj (berühmter Zagreber Friedhof). Zu ihnen gesellten sich auch viele Delegierte der kath. Organisationen aus verschiedenen Orten Kroatiens und Bosniens. Man rechnet, es hatten rund fünftausend Menschen dem Begräbnis beigewohnt.

            Eine ganze Stunde ordnete sich das Totengeleite, in welchem sich die verschiedenen Marienkongregationen, der christlich-soziale Bund, die gesamte Schülerschaft des Erzbischöflichen Gymnasiums mit dem Professorenchor, das Griechisch-katholische Seminar mit den Oberen. Darauf folgte die «Adler-Musik-Kapelle», alle Zagreber männliche und weibliche Adlervereine mit ihrem Nachwuchs und Jungadlern. Die Orli trugen in Begleitung mit dem Nachwuchs zahlreiche Kranze: zusammen 22 Kranze und ungezählte Blumenstrausse. Dann folgte das riesenhafte Geleite der Priesterschaft mit allen theologischen und Franziskaner Klerikern aus Sv. Duh und aus dem Kaptol. Das Begräbnis leitete der Bischof D. Premuš mit Assistenz von anderen. Vor dem Leichnam trug man den reichen Elternkranz, und den Leichnam selbst trugen sechs Orli in Uniform zwischen einem Spalier von je fünf Orli und vier Studenten-Orli in akademischer Galauniform.

            Hinter dem Leichnam ging mit Hansens Vater und Verwandtschaft die Präsidentenschaft der HOS (Kroatischer Adlerbund) mit ihrem Geistlichem. Leiter Msgr. Beluhan. Und dann entwickelte sich das riesige, unabsehbare Grabgeleite der Delegierten verschiedener Korporationen, die Organisation der Kath. Aktion, der Adler Bezirke und Vereine. Unter den übrigen war auch der Hilfsbischof Salis-Sevis, der französische Konsul und eine Menge anderer angesehener Persönlichkeiten, Universitätsprofessoren, Vertreter verschiedener Kloster und katholischer Vereine.

            Der kroatische Gesangverein «Branimir» sang ein Begräbnislied. Dann nahm Dr. S. Markulin, Präsident der Kath. Aktion das Wort und grüsste zum letzten Mal den ersten Vorkampfer der Katholischen Aktion in Kroatien. Nach ihm sprach im Namen des Professorschores Dr. Mladen Deželiæ und dann bewege sich das lange, majestätische Grabgeleite wie es Mirogoj seit dem Begräbnis des Bischof Lang nichts Derartiges gesehen hatte.

            Am Grabe selbst verabschiedeten sich von Johannes noch vier Redner, unter ihnen der Präsident des HOS Dr. Ivo Protulipac und die Präsidentin des weiblichen Adlerbundes Marica Stankoviæ und daraufhin wurde beim Gesang des Chores «Branimir» der Leichnam ins Grab gesenkt.

 

Danke dir Adler Christi, du wiesest uns den Weg zur Sonne!

Die folgenden Tage nach dem Begräbnis reihten sich in Zagreb und in vielen kroatischen Orten Seelenmessen und feierliche Kommemorationen. Ungezahlte Kommemorationsartikel und «in memoriam» des Verstorbenen füllten die Saulen verschiedener Zeitungen und Zeitschriften. Es wurden das Leben, Wirken und die Bedeutung von Johannes Merz ausführlich dargelegt. Der Tintenstrom, der damals zu fliessen begann, um diese grosse Erscheinung der Christenheit in unserem Volke ins Licht zu stellen, hat bis heute nicht zu fliessen aufgehört.

            «Es gibt wenig Menschen, die mit ihrem Tun, brieflich und wörtlich so auf mich gewirkt hatten und mir Vorbilder waren in der praktischen Arbeit in der Kath. Aktion wie Hans Merz. Aus jedem Werk, das er geschrieben hatte, fühlte ich eine Kraft, die er, vielleicht, der einzige unter uns war, der alles, was er schrieb in einer heiligen Begeisterung und im strahlenden, unerklärlichen Gnadenschwung geschrieben hatte. Das war seine Starke und ist es heute noch. Darum konnte er auf die Jugend wirken und aus ihr solche Menschen machen, die Gott verteidigen werden. Wahrhaft, es ist heute nötig, Gott zu verteidigen, denn es sind viele, die Ihn angreifen, aber jeder von uns soll am Ende des Kampfes sagen können: «Ich habe den guten Kampf gekämpft.» So schreibt der bekannte kroatische Dichter Ton Smerdel in der Zeitung «Nedjelja» (Sonntag) vom 18.V. 1930. unter dem Titel «In gloriosam memoriam.»

            Schon vier Jahre nach seinem Tod veröffentlichte Dr. Dragutin Kniewald eine grosse Biographie von Johannes «Dr. Johanns Merz – Leben und Wirken». Am 10.-jahrigen Gedenktag von Hansens Tod erschien das Buch unter dem Titel: «Kroatiens göttlicher Mensch», die eine Sammlung von Eseys und Studien über Dr. Merz enthüllt. Im Jahre 1943. gab P.J. Vrbanek, Hansens Beichtvater, eine neue Biographie aus «Der Ritter Christi – Johannes Merz». Dabei soll man noch ungezahlte Artikel, Erinnerungen und Gedenken erwähnen, die in der ganzen katholischen Presse veröffentlicht wurden, besonders noch zum anlässlich des Jahrestages seines Todes. Eine Biographie von Johannes wurde im Jahre 1941. auch in ungarischer Sprache veröffentlicht. Zum 75. Geburtstag von Johannes im Jahre 1971. wurde neuerdings eine ausführliche Biographie von Johannes veröffentlicht: «Der Kampfer aus den weissen Alpen».

            Es gab keine Adlerfeier, dass die Orli nicht als ihre Pflicht angesehen hatten, das Grab ihres Ideenführers Dr. Merz zu besuchen. Gelegentlich ihrer Durchreise nach Zagreb, auf dem Wege zum Adlerflug nach Prag, brachten die Orli aus Vinkovci einen herrlichen Kranz mit und legten dasselbe an sein Grab. Aufs seidene Band um den Kranz stand die Aufschrift in Goldstickerei:

«Danke dir, Adler Christi, dass du uns den Weg zur Sonne gewiesen hast!»

            Am zweiten Jahrestag vom Tod des Johannes wurden seine sterblichen Überreste im fertiggestellten Familiengrab übertragen, das seine Eltern bauen liessen. Die Grabstätte, worin jetzt Johannes und seine Eltern ruhen, befindet sich im südöstlichen Teil des Mirogoj in Zagreb. Über dem Grab selbst erhebt sich eine hohe Platte aus grauem Granit aus einem Stuck mit einem ausgemeisselten Kreuz. Die vier freien Flachen um das Kreuz sind mit starken Platten aus schwarzem Granite belegt. Auf der linken grosseren Platte ist die Grabinschrift eingraviert nach dem Entwurf, den Hans selber in seinem Testament vor dem Sterben hinterliess.

HIER RUHT

IN CHRISTUS SEINEM GOTT

DR. IVAN MERZ

16.XII.1896. – 10.V.1928.

DEM TREUEN SOHNE DER KATHOLISCHEN

KIRCHE

WAR CHRISTUS DAS LEBEN

UND STERBEN DER GEWINN

IN ERWARTUNG

DER BARMHERZIGKEIT DES HERRN

UND DER EWIGEN RUHE

AM HERZEN JESU

 

Granit, der härteste Stein wurde als Baumaterial für das Grabmal gewählt, da er dem unverrückbaren (unerschütterlichem) Willen Hansens und seiner Grundsatzen entspricht. Nach dem Wunsch seiner Mutter wurde die Zeichnung sehr einfacher Linien in Kreuzesform gewählt und zwar so, dass sich die grosse Granitplatte in ein Kreuz verwandelt, indem es das Denkmal und die ganze Umgebung dominiert. Das ist ein symbolisches Bild von Johannes Seele und seines ganzen Wesens, dass sich in langer Kleinarbeit ganz in einen Tempel des Kreuzes Christi verwandelt und so dem Herrn ungezahlte Scharen der kroatischen Jugend zugeführt hatte.

            Die Gefühle der Dankbarkeit von der Prof. Djurdjica V. im schon erwähnten Vorwort zum Buch «Kroatiens göttlicher Mensch – Johannes Merz» ausgedruckt, tragen in ihrem Herzen alle Freunde, Mitarbeiter von Johannes und die Menge jener, die hier auf Erden von seiner Liebe erwärmt wurden. Ihre Worte können wir mit Recht als authentischen Ausdruck der Dankbarkeit der kroatischen Jugend seinem Ideenführer betrachten, ihrem grossen Freund und lieben Bruder:

Unser grosser Lehrer, danke dir!

            Danke dir, uns gelehrt zu haben, wie man Christus treu bleibt.

            Danke dir, uns die ganze Wonne des eucharistischen Mahles gezeigt zu haben, die ganze vitale Kraft der göttlichen Manna, die ganze Schönheit der Freundschaft mit dem guten Hirten und dem Bräutigam der Seelen.

            Danke dir, dass du uns lehrtest, Christus in Seinem mystischen Leib zu sehen, in Seiner heiligen Braut, der katholischen Kirche.

            Danke dir, uns darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass wir keine Katholiken sein können ohne Liebe zum Papst, zu den Bischöfen und Priestern.

            Danke dir, unser Herz für jene geöffnet zu haben, durch welche uns der Heilige Geist selber spricht.

            Danke dir, dass es uns heute klar ist, dass in der Liebe zu ihnen, wir Liebe und Ehrfurcht Gott selber erweisen und wir den Herrn verachten, wenn wir sie verachten.

            Danke dir, dass wir in dem von Gott Gesalbten, nicht den schwachen Sünder sehen, sondern einen anderen Christus, den starken Menschen, der durch sein Wort den Dreinigen Gott herabruft, den wir nur durch seine geweihten Hände in sich aufnehmen können.

            Danke dir, uns gekehrt zu haben, alle unsere Wünsche und Bestrebungen auf der Transzendenz, auf dem Ewigen zu projizieren; dass du uns dahin gewiesen IN GOTT unsere unruhige Herzen zu stillen, dass wir Seine unendliche Ode nur im Unermesslichen befriedigen können.

            Für all das danke dir!

            UNSER GUTER FREUND, danke dir!

            Danke dir, unser Herz weit gemacht zu haben, um in ihm alle Menschen zu umfangen, alle unsere Bruder und Schwestern, unser liebes Vaterland und die ganze Welt.

            Danke dir, uns veredelt zu haben im Verstehen jener, die uns hassen und verfolgen, dass wir demütig und sanftmutig seien, froh mit den Fröhlichen und traurig mit den Trauernden.

            Danke dir, dass wir mit dir gleich dem Armen von Assisi die Hymne der Freude und des Dankes singen, für Sonne und Sterne, für die winzige Ameise und das kleine Graslein.

            Für all das danke dir!

            Der Herr gab dich unserem Vaterland Kroatien, dass du einer unter uns seiest.

            Mit dir lebten wir, schauten dich und horten dir durch 31 Jahre zu. Du warst wie wir, aber doch so hoch uns überragend.

            Du warst ein KIND BESONDERER GNADE UND LIEBE GOTTES.

Du warst eine JUNGFRAULICHE – EUCHARISTISCHE SEELE.

            Dafür unsere ganze Dankbarkeit dem König der Glorie!

            Heilige werden nicht alle Tage geboren, aber wir hatten einen Heiligen neben uns als Mitglied unserer Organisation.

            In ihr hast du uns einen kostbaren Schatz, eine unverwesliche Erbschaft hinterlassen.

            Wir versprechen dir, unser heiliger Bruder Johannes, der du dein Leben für uns alle dem Herrn der Jahrhunderte geopfert hast, dass wir immer treue Hüter deines Erbes sein wollen, dass wir immer wie du nur für CHRISTUS UND SEIN REICH in den Seelen kämpfen wollen.

 

            ZUM ALTAR

            Schon bei Lebzeiten stand Johannes im Geruche der Heiligkeit. Das verbreitete sich noch mehr nach seinem Tode, als die Öffentlichkeit die Einzelheiten seines heroischen christlichen Lebens erfuhr.

            Viele wendeten sich an Johannes in ihren seelischen und leiblichen Noten. Und sie wurden erhort. Eine der augenscheinlichsten Erhörungen war jedenfalls jene von Anica Ercegoviæ, die man mit vollem Rechte als ein Wunder bezeichnen kann. Anica erkrankte in ihrem 19. Jahr an Lugen Tbc, Gelenksentzündung und Rheumatismus im ganzen Körper. Durch sechs Jahre suchte sie Heilung, jedoch ohne Erfolg. Sie besuchte viele Arzte, nahm verschiedene Arzneien ein, es half ihr jedoch nichts. Im Jahre 1930. kam sie am Grabe des Dr. Merz und da betete sie inbrünstig zu ihm, ermöge ihr helfen. Das Gebet wurde ihr erhort. Sie kehrte heim vollkommen gesund. Es ist schon 43 Jahre vergangen seit Anica keinerlei Arzneien mehr einnahm und auch nie krank war. Diese ganze Zeit verrichtete sie die schwersten Arbeiten im Hause und in der Landwirtschaft, je 16 Stunden tauglich. Gleich nach ihrer Heilung bekam Anica ein ärztliches Zeugnis, dass sie vollkommen gesund ist, was auch im Jahre 1958. wieder bestätigt wurde.

            Ausser diesem Fall bezeugen noch viele Danksagungen auf Johannes Grab wie in unseren katholischen Zeitschriften über viele andere Erhörungen und Gnaden, die Johannes seinen Verehrern erbeten hatte und denjenigen, die sich in ihren Noten an ihn wendeten.

            Das alles bewog die kirchliche Behörde, das amtliche Prozess für die Seligsprechung des Johannes einzuleiten. Durch die Bemuhung unseres Kardinals Franz Šeper wurde am 10. Mai 1958. der Prozess feierlich eröffnet und ist nun im Laufe. Wir hoffen, dass wir nicht lange auf jenen Tag werden warten müssen, wenn wir unseren Bruder Johannes auf den Altären als Seligen und Heiligen erblicken werden.

            Im Jahre 1972. wurden in den Residenzraumen der S.J. (Gesellschaft Jesu) in Zagreb in der Palmotiæeva Strasse sein Gedenkmuseum eröffnet, mit vielen seiner Gegenständen, Büchern und Teilen seiner Möbel aus seinem Zimmer. Im Jahre 1973. zum Anlass des 45. Jahrestages seines Todes begann die Zeitschrift «Ivan Merz» als Organ der Postulation für seine Seligsprechung zu erscheinen.

 

Lebens- und Arbeitsprogramm

Vor einigen Jahren schrieben die Maturanten eines Zagreber Gymnasiums ihre Schulaufgabe über das Thema: «Was bringe ich aus dem Schulsaal ins Leben?» Ein Schuler zögerte nicht, in dieser Aufgabe auch folgende Gedanken hineinzubringen: «Ich lernte zu hassen und Unlust in mir zu tragen. Ich bin eine Waage, man sagt aber, dass die Waage lange Zeit braucht, um sich selbst zu finden. Ich suche immer noch mich selbst, obwohl manche sagen, ich sei ein Narr. Im Suchen gibt es keine Zeit, denn die Zeit existiert für mich überhaupt nicht...Sie lehrten mich über das Werden des Menschen. Sie sagten nichts über sein Ende, sachlich über das Ende der Menschheit. Aber alles, was seinen Anfang hat, hat auch sein Ende... Ich lernte zu hassen, aber im Hasse gibt es Liebe. Vielleicht ist es besser grau zu sein, gleichgültig, weder Hass noch Liebe zu empfinden, überhaupt nichts zu empfinden, sich quer stellen auf alles übrige... Mein zeitloses Sichselbstsuchen wird fortgesetzt... Mich selber habe ich nicht zu finden gelernt, aber ich lernte, mir Ähnliche zu finden.»

            Es gibt viel Junge und Erwachsene, die wie dieser Junge ehrlich sich selber suchen, Sinn, Zweck und Ziel des Daseins.

            Wenn ihr aufmerksam das Leben von Hans Merz betrachtet habt, so könntet ihr euch überzeugen, dass auch er ein Mensch war, der suchte, aber auch sich selber fand, er fand seines Lebens Sinn. Es wäre schade, wenn wir gleichgültig an ihm vorübergingen, ohne das geistliche Gut zu entdecken, das er uns zum Erbe hinterliess.

            Es ist kein Zufall, dass er in unserem Jahrhundert erschienen ist, wo soviel unserer Zeitgenossen die Krise des Vertrauens an die Werte erfasst hat, die jahrhundertlang hochgewertet waren, aber zwei grosse Weltkriege enthüllen die ganze Ohnmacht des Menschen und der menschlichen Gesellschaft, mit eigenen Kräften das Böse zu überwinden. Es wäre Undankbarkeit gegen den Himmel, der uns ihn geschenkt hat, wollten wir wenigstens nicht aufhorchen, was er uns durch ihn verkündet. Und vieles mochte uns Gott durch Johannes Merz sagen. Gesagt wurde von ihm, er sei eine Botschaft für uns Christen, und für die, die nicht glauben, ein Enigma. Wenn so ein junger Intellektuelle, der nicht einmal 32 Jahre vollendet hatte, sich seine Existenz so wunderbar ausgedacht hatte und seinem Leben einen so reichen Inhalt gab, warum konnten es auch wir nicht, von seinem Beispiel angeleitet?

            Für eine ganze Generation junger Christen bedeutet der Name Johannes Merz ein Programm des Lebens und der Arbeit. Gott gebe, es sei so auch für die Jugend unserer Zeit!

 

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Nachwort von Übersetzerin

Hans Merz – das war wirklich ein Künstler von Gottes Gnaden im Suchen und Finden der wahren Lebenswerte, für die es sich lohnt zu leben! Beim Lesen seiner Biographie bezaubernd und höchst sympathisch steht diese klare und unbedingte Jungmannsgestalt vor unserem Geistesauge. Er war Student und dann Soldat im I. Weltkrieg, dann wieder Student und zuletzt Professor. Von zu Hause wohlerzogen, hochgebildet, literarisch sehr veranlagt. Solche gibt es wohl sehr viele. Aber leben konsequent nach dem Glauben und Herzenskultur – den Mangel daran muss unsere heutige Zeit gar schmerzlich empfinden...

            Es war eine ruhige Winternacht; noch früh, da blickte ich durch unser Haustor, es sollte eine kranke Frau zu einer Besprechung zu mir kommen. Ja richtig, da stehen sie schon gegenüber und warten, dass sie die Strasse überqueren können: die kranke Frau und ihr junger Begleiter. Diesen jungen Mann (vielleicht keine 25 Jahre alt) hatte ich schon ein paar Mal bei mir getroffen, immer als barmherziger Samariter diese arme Frau begleitend.

            Ein sehr gütiger junger Mensch. Aber diesmal in der nicht zu hellen Strassenbeleuchtung fiel er mir noch besonders auf. Seine gütigen Gesichtszuge strahlten wie von einem seeleninneren Licht, wie ein stilles, süsses Geheimnis. Mit grosser Geduld und Sorgfalt begleitete und stützte er die Frau. Mit seinem Familienauto führte er sie oft hin und zurück in die Stadt zu ihren Besorgungen.

            Gute und Mitgefühl über sein Alter hinaus. So etwas erlebt man nicht alle Tage.

            So, dachte ich mir – jetzt kann ich mir Hans Merz noch besser vorstellen. Dass ein junger Mann so freundlich und ritterlich zu älteren, behinderten Menschen sein kann, das kann man noch eher ab und zu treffen. Aber Hans Merz fein und ritterlich zu ganz armen Menschen, zerrissenen und schmutzigen Bettlern, das muss ein himmlischer Anblick gewesen sein... Und wer von uns bringt so etwas fertig?

            Gross und edel im Helfen – gross und hochherzig im Verzeihen. Der sittlich gefährdeten Jugend, irrend und haltlos galt seine warme Liebe und Fürsorge. Dazu seine Arbeit in den Jugendvereinen. Ein ehrlicher, rastloser Wahrheitssucher in den jüngeren Jahren. So reifte seine Seele immer mehr für den Himmel. Tiefe Gottes Liebe, Sehnsucht nach der ewigen Heimat trug er ständig als stille helle Flamme in seinem jungen Herzen... Tätige Nächstenliebe begleitete seine Schritte. So war für ihn der Tod nur ein Übergang zu einer schöneren, besseren Welt – Junger Mensch! Blicke froh und zuversichtlich zu ihm empor und trage sein Bildnis durch die Welt in der Stille deines Herzens... Siehst du nicht, dass die Welt rund um dich dabei heller und schöner wird? Ja, nur frohgemut! Ja, Hans ist der gute, treue Kamerad, von dem es in einem alten Soldatenlied heisst: «Bleib' du im ew'gen Leben, mein guter Kamerad!»

            Für ihn hatte bei Lebtag das Wort gelten können:

«In der Welt dunkel

Leuchten müssen wir –

Du in deiner Ecke

Ich in meiner hier» (Bruder Gottwills Impekoven)

            Und damit nehme ich Abschied von Dir, Hans Merz – aber nicht für immer!

                                                          

Übersetzte:     Mercede Budau